Wir befinden uns im Jahre 2023. Ganz Haltern am See feierte mit Schlager, Pop oder Techno das Heimatfest. Ganz Haltern? Nein! Ein von unbeugsamen Rockern bewohntes Büro hört nicht auf Widerstand zu leisten und verwandelte den Wendehammer in der Halterner Innenstadt zum Musikmekka für Rock & Metal-Fans. Ein Event der Superlative, das am Freitagabend mit den Bands !So Cute, Wildheart & Frostshock begann und sich über das gesamte Wochenende erstreckte.
Im Rockbüro ist Musik drin!
Rockbüro?! Das Rockbüro Haltern ist ein eingetragener Verein (e.V.) und Träger der freien Jugendhilfe. Das Hauptziel des Rockbüros ist es, Jugendliche in ihrer Freizeitaktivität Musizieren zu unterstützen. Das Rockbüro bietet aber nicht nur in der Musikbranche seine Dienste an. Sie unterstützen auch Vereine, Organisationen und andere Interessengruppen mit umfangreichem Know-How, moderner Technik und qualifiziertem Personal.
Rockbüro 1. Vorsitzender: Reinhard Terwort
Diese Hilfe wird stets mit hohem Qualitätsanspruch, viel Engagement und auf einem respektablen Niveau erbracht. Auch beim Bands for Benefit hat das Rockbüro Haltern zum Beispiel tatkräftig mitgewirkt, um eine beeindruckende fünfstellige Summe für die Erdbebenhilfe zusammenzutrommeln.
Ja, im Rockbüro ist Musik drin! Neben zahlreichen Konzerten im Jugendzentrum Trigon, veranstaltet der Verein im Rahmen des Heimatfest mit dem „Rock im Wendehammer“ ein kleines Festival und beweist damit, dass man auch vor der Haustür tolle Bands entdecken kann.
Ich habe mir am vergangenen Wochenende etwas Zeit genommen und versucht so viel wie möglich von dem Dreitage-Event mitzunehmen.
Der Rock im Wendehammer Freitag
Zum Auftakt spielten am Freitag die Bands !So Cute, Wildheart und Frostshock. Leider konnte ich, beruflich bedingt, erst zum Abend mit Wildheart ins Programm einsteigen und durfte mir von der Crew anhören, wie geil die Eröffnung von !So Cute war.
Wildheart: Melodischer Metal mit einer Prise Härte
Im kühlen November 2017 formierte sich eine Musiktruppe, die wahrhaftig als „Old Souls of Rock“ bezeichnet werden könnte: Wildheart. Ihr musikalisches Spektrum ist ein farbenfroher Cocktail, der von Funk-Beats über Hard Rock-Riffs bis hin zu Metal-Solos reicht. Wer in den akustischen Genuss ihrer Songs wie „Boss Ass“ oder „closeyed“ kommt, wird rasch merken: Die haben’s drauf!
Besonders Maike, die kraftvolle Frontfrau, ist das pulsierende Herz der Band auf der Bühne. Ihre facettenreiche Stimme ist der musikalische Gewürzstrauß, der Wildheart ihre unverkennbare Note verleiht. Ein Ohrenschmaus für jeden, der authentischen, kunstvoll komponierten Metal mit einem Augenzwinkern zum Detail schätzt!
Frostshock: Harmonische Klang-Tsunamis
Frostshock, aus Haltern am See, haben eine relativ kurze, aber beeindruckende Geschichte. Die Band wurde 2020 während einer Gartenparty spontan gegründet, veröffentlichte im Februar 2023 ihr Debüt-Album und eroberten damit in kürzester Zeit eine beachtliche Fanbase. Eigentlich auch kein Wunder, denn wer könnte schon einem harmonischen Tsunami aus dröhnenden Drums, melodischen Gitarren und kraftvollem Bass widerstehen?
Frostshock: Ohren zuhalten ist zwecklos!
Ich habe die Jungs von Frostschock zum ersten Mal im Helvete Pub Oberhausen live erlebt und war begeistert, wie die Jungs den Keller in ein „Stagedive-Center“ verwandelten. Ohren zuhalten ist auf jeden Fall zwecklos, früher oder später wird man von der tobenden Menge einfach mitgerissen. Diese Jungs sind definitiv einen zweiten, dritten und vierten Blick wert.
Der Rock im Wendehammer Samstag
Am Samstag ließen die Bands XMentör, Maclean, Sweet Disaster, Straight On, Fools of Rock und die Silent Revenants den Asphalt im Wenderhammer glühen.
XMentör: Oldschool-Rock mit Punk-Flair
Zum Vorglühen gab es am Samstag XMentör auf die Ohren. Eine Band, die schon seit einem Vierteljahrhundert rockt. Ja, richtig gelesen! Diese Truppe ist so oldschool, dass sie sich gerade deswegen frisch und lebendig anfühlt.
Sie zelebrieren die grandiose Rock- und Punk-Ära der 70er und 80er Jahre. Und genau das macht sie so verdammt charmant!
Maclean: Eine kreative Mischung
Maclean, die drei Freunde, die sich Ende 2016 fanden, brachten eine bunte Mischung aus rockigen Tönen mit unterschiedlichsten Einflüssen auf die Bühne.
Von Reggae-Strophen bis zu osteuropäischer Folklore – bei Maclean ist gefühlt alles drin. Ihre Songs regen zum Hüftschwung oder aber auch zum Nachdenken an. Wann habt ihr zum Beispiel zum letzten Mal einen alten Freund einfach mal so angerufen? Maclean´s Botschaft war eindeutig, das Leben ist zu kurz, um sich nicht zu melden.
Sweet Disaster: Das süße Desaster auf der Bühne
Seit 2014 gibt es bereits Sweet Disaster, die ihre Musik als Alternative Metal beschreiben. Aber lasst euch nicht von dem Namen täuschen. Bei ihren Live-Auftritten ist ein Moshpit vorprogrammiert, denn was viele nicht wissen und ich bereits beim Avalanche of Steel Festival lernen durfte, bei Sweet Disaster gibt es eine Moshpit-Garantie! Ein wahrhaft süßes Desaster!
Sweet Disaster präsentierten, neben ein paar Coversongs im coolen Disaster-Style, auch einige ihrer eigenen Songs. Momentan zählt die Bandkasse von Sweet Disaster eher Mäuse als Scheine, was ein Debüt-Album noch in die Zukunft verlagert. Aber keine Sorge, in Kürze werden nach und nach musikalische Leckerbissen auf allen gängigen Streaming-Plattformen auftauchen. Wer der Band auf ihrer musikalischen Reise Rückenwind geben möchte, kann stylische Bandshirts via Instagram ergattern, beim Radio Kiepenkerl Bandtreppen-Contest für sie die Stimme erheben und natürlich ihre Live-Auftritte zum Beben bringen.
Retro-Rock mit Straight On
Nachdem sich Sweet Disaster verabschiedeten, katapultierte die Band Straight On das Publikum in eine Epoche, als Partyrock die Charts beherrschte. Unter der orchestralen Führung von Gitarrist Stephan Münsch und mit Lars Klug, der den Bass zupfte und seine Stimme wie ein Rockveteran der alten Schule erklingen ließ, verwandelte die Band die Festivalbühne in ein pulsierendes Energiezentrum.
Mit Bärbel Wahl an den Vocals, Stefan Gewecke an der Percussion und Volker Willner am Schlagzeug blätterte das Ensemble durch die Seiten des Rockgeschichtsbuchs. Von „Locomotive Breath“ bis „Keep on Rocking in the Free World“ begeisterte die Band mit einem Hitfeuerwerk, das keine Dekade unberührt ließ.
Arena-Feeling mit den Fools of Rock
Gegründet während der Corona-Zeit, bringen Fools of Rock weltweit bekannte Songs von Legenden wie AC/DC, Whitesnake und Judas Priest auf die Bühne. Was sie so besonders macht? Ihre unvergleichliche Live-Performance!
Innerhalb kürzester Zeit verwandelten Fools of Rock den bescheidenen Wendehammer in eine pulsierende Rock-Arena. Der Platz war so dicht gefüllt, dass man kaum noch Platz für eine Luftgitarre gefunden hätte. Unter dem Einfluss einer ausgelassenen und leicht beschwipsten Atmosphäre stimmte das Publikum in einen dreiteiligen Chor ein: laut, schräg und absolut euphorisch. Das war ganz großes Kino!
Silent Revenants: Eine Symphonie aus Metal und Folk
Als krönenden Abschluss des Samstagabends betraten Silent Revenants die Bühne, eine siebenköpfige Klangarmee, die melodischen Metal und orchestralen Zauber mit einer Prise Folklore verwebt. Wie musikalische Alchemisten schufen sie den idealen Schlussakkord für eine lange rockige Nacht.
Spätestens seit ihrem Auftritt beim Rock im Garten Festival 2019 ging es für Silent Revenant steil bergauf. Erst kürzlich verkündete die Band ihre frisch eingetütete Partnerschaft mit Wormholedeath, dem Label, das ihr sehnlichst erwartetes Album ‚The Withering Of The Blue Flower‘ am 13. Oktober 2023 in die Musikwelt entlassen wird. ‚Es fühlt sich an, als hätten wir unser musikalisches Zuhause gefunden‘, schwärmte die Band über ihre neue Beziehung mit Wormholedeath. ‚Wir sind voller Vorfreude auf die kreativen Abenteuer, die vor uns liegen, und können es kaum erwarten, diese Reise gemeinsam zu erleben.'“
Der Wendehammer Sonntag
Der Sonntag erwachte mit einem farbenfrohen Kinderprogramm, das die jüngsten Festivalbesucher begeisterte. Dann übernahm Far Away die musikalische Leitung, gefolgt von einem energiegeladenen Auftritt von Screenplay und The Ampless. Bedauerlicherweise konnte ich an dem Sonntag erst etwas später mit Nameless in den rockigen Abschluss starten.
Nameless: Vom Schulhof zur Festivalbühne
Von den Klassenräumen der Alexander Lebenstein Realschule bis zur Bühne des Rock im Wendehammer Festivals – Nameless ist ein lokales Phänomen. Geboren in der Schulband-AG und geformt im kreativen Labor des Rockbüros, hat diese ehemalige Schülerband ihren musikalischen Horizont erweitert.
Mit einem vielfältigen Set, das von Scorpions bis Green Day reicht, sind sie ein Publikumsmagnet geworden. Jedes Bandmitglied bringt seine eigene Note ein, und das spürt man. Gebt dieser Band noch ein paar Runden im Rampenlicht, und ihr werdet sehen: Nameless ist ein aufsteigender Stern, den man definitiv auf dem Radar behalten sollte.
Worst Ks´- wenn der Name Programm wird
Als Worst Ks‘ die Bühne des Rock im Wendehammer Festivals eroberten, war es, als hätte jemand einen musikalischen Funken in ein Pulverfass geworfen. Geboren aus der Initialzündung zwischen Sänger Nick, Schlagzeugwirbelwind Robin, dem Gitarrenzauberer Martin sowie Bassmeister Joshi, entfachte die Band ein Feuerwerk an kraftvollem Rock. Ihre spürbaren Einflüsse aus der britischen Indie-Szene verliehen dem Set eine tanzbare Raffinesse, die das Publikum magnetisch an die Bühne zog. Jeder Song war eine Einladung zum Bewegen, zum Fühlen, zum Leben.
Doch dann, in einer Szene, die man nur als das ultimative Worst-Case-Szenario bezeichnen könnte, schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Stellt euch vor, ihr steht da, in eurer ganzen rockigen Herrlichkeit, das Publikum hängt an euren Lippen und dann – nichts. Die Stimme von Sänger Nick verwehrte ihm plötzlich den Dienst. Trotz eines mutigen, aber vergeblichen Versuchs, das Unmögliche möglich zu machen, musste Nick der schmerzhaften Wahrheit ins Auge blicken: Für ihn war der Vorhang an diesem Abend gefallen.
Sprang für Nick in die Bresche
Ein Zuschauer/Sänger aus dem Publikum übernahm spontan das Mikrofon und vollendete den letzten Song mit Bravour, dass sich die Band anschließend mit einem anerkennenden Applaus aus dem Publikum verabschieden konnte. Mein Respekt und gute Besserung Nick, ihr habt mich echt stark beeindruckt, meine persönliche Überraschung vom Rock im Wendehammer! Das war trotz dem leider tragischen Ende ein grandioser Auftritt! Danke dafür!
Kaprice zum Finale
Zum krönendem Abschluss eroberten Kaprice die Bühne. Mit ihrer Mischung aus zündendem Alternative Rock und sanften Popklängen sprengen die vier Bandmitglieder sämtliche Genregrenzen. Angeführt von Moritz Bücker, dessen markante Stimme den Band-Sound unverwechselbar macht, beweisen sie, dass Musik nicht nur gehört, sondern auch gefühlt werden muss.
Ihre Songtexte, die direkt aus den Tiefen des alltäglichen Lebens stammen, bringen zusätzliche Tiefe in ihre vielseitigen Kompositionen. Kurz gesagt, Kaprice ist ein Must-Hear für alle, die nach authentischer Musik mit Ecken und Kanten suchen. Seit meinem ersten musikalischen Rendezvous mit der Band beim Rock im Garten letztes Jahr bin ich hoffnungslos hingerissen.
Inzwischen hatte ich das Privileg, ihre elektrisierenden Live-Auftritte mehrmals zu genießen, und jedes Mal ist es ein echtes Fest für die Sinne. Ihre EP „Nostalgie“ ist für mich ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Playlist, die sich selbst als „gut“ bezeichnen möchte. Das Beeindruckende ist, ihre frischen Tracks wie „Geht schon,“ „Fassade“ oder „Allein sein“ nehmen den Faden genau dort wieder auf, wo ihre Debüt-EP ihn fallen gelassen hat.
Fazit: Ein Fest für jeden Geschmack
Rock im Wendehammer bot für jeden Musikgeschmack etwas. Von melodischem Metal bis hin zu Oldschool-Rock und Alternative Metal – hier war wirklich für jeden was dabei.
Ein Festival, das uns zeigt, dass in Haltern am See nicht nur der See, sondern auch die Musikszene rockt! Auch Haltern am See Bürgermeister Andreas Stegemann war vom Rock im Wendehammer sichtlich begeistert und bedankte sich auf der Bühne für das tolle Programm.