Freunde, ernsthaft: Kennt ihr diese Konzerte, bei denen ihr euch fast nicht traut, das Bier zu öffnen, weil das „Zisch“ die Magie zerstören würde? Gestern Abend war genau so ein Moment. Sophie Chassée war zu Gast im Musikclub Turbine. Und auch wenn die Hütte nur mäßig gefüllt war – oder vielleicht gerade deswegen – war es einer dieser Abende, die hängenbleiben.
Intim, ehrlich und verdammt nahbar
Schon als Sophie die Bühne betrat, war klar: Hier wird keine Show abgespult. Die Frau ist echt. Zwischen den Songs plauderte sie völlig ungefiltert aus dem Nähkästchen, erzählte Anekdoten zur Entstehung ihrer Lieder und gab so viel von sich preis, dass man ihr förmlich an den Lippen hing. Es war diese Art von Stille im Raum, die nicht peinlich ist, sondern voller Respekt. Man hätte sprichwörtlich eine Stecknadel fallen hören können.

Musikalisch hat sie uns einmal quer durch ihr aktuelles Album Attachment Theory (VÖ September 2024) geführt. Songs wie „November“ oder das treibende „Fleeting“ trafen direkt ins Mark. Aber auch Nummern wie „Should Have Known Better“ und „Friendzone“ zeigten, wie sie komplexe Gefühle in Melodien verpackt.
Mein „Fail“ des Abends: Der Kampf mit dem Licht
Apropos Stille: Weil die Atmosphäre so unfassbar intim war, wollte ich Rücksicht nehmen. Ich dachte mir: „Komm, sei kein Störfaktor, schalte die Kamera in den lautlosen, elektronischen Modus.“ Gute Absicht, mieses Ergebnis. Das LED-Licht der Turbine und mein elektronischer Verschluss haben sich einen Battle geliefert, den ich verloren habe.

Das Ergebnis: Fieses Banding (Streifen) auf einigen Bildern. Ärgerlich? Ja. Aber irgendwie passt es auch zum Abend. Es war live, es war unperfekt und genau deshalb authentisch. Sorry! Ich war so im „flow“, dass ich diese Thematik völlig vergaß.
Das Finale: Ein Klassiker neu verpackt
Als Zugabe haute sie dann noch einen raus: Tracy Chapmans „Fast Car“. Ein Song, an dem sich viele verheben, aber Sophie hat ihn sich mit ihrem ganz eigenen Fingerstyle-Stil komplett zu eigen gemacht. Nach dem letzten Akkord war sie auch nicht Backstage verschwunden, sondern nahm sich ewig Zeit für die angereisten Fans. Sympathie-Level: Endgegner.
Deep Dive: Wer ist das Energiebündel eigentlich?
Vielleicht habt ihr euch gestern gefragt: „Moment, das Gesicht kenne ich doch irgendwoher?“ Oder ihr wart fasziniert, wie sie ihre Gitarre gleichzeitig als Bass, Schlagzeug und Melodieinstrument nutzt. Hier ist der Background-Check, damit ihr beim nächsten Musik-Talk glänzen könnt:
1. Die Frau für die großen Stadien (Bassistin der A-Liga)
Wenn Sophie nicht gerade solo die Turbine verzaubert, spielt sie in einer ganz anderen Liga. Seit 2022 ist sie die Bassistin von AnnenMayKantereit. Ja, genau die. Während sie gestern vor uns im Club stand, spielt sie sonst im Kölner RheinEnergieStadion vor 40.000 Leuten. Und damit nicht genug: 2025 hat sie sogar bei den legendären Heavytones (TV Total) ausgeholfen. Dieser Spagat zwischen riesigen Bühnen und intimen Club-Gigs zeigt, wie bodenständig sie geblieben ist.

2. Modern Fingerstyle & „Kleine Hände“
Ihr Gitarrenstil ist inspiriert von Größen wie Andy McKee. Sie nutzt die Gitarre perkussiv – klopft, hämmert und zupft gleichzeitig. Kommt euch das bekannt vor? Die Stammgäste unter euch erinnern sich bestimmt noch an den absoluten Saitenzauber von Alexandr Misko hier im Club. Der hat sich sein Instrument ja auch quasi selbst zurechtgebastelt, um seinen Sound zu finden.
Sophie schlägt in genau diese Kerbe, setzt aber noch einen entscheidenden drauf: Im Gegensatz zum reinen Instrumental-Feuerwerk von Misko hat sie eine Stimme, die einen sofort abholt. Mich hat ihr Gesang gestern total an die junge Colbie Caillat erinnert – warm, soft, aber mit Gänsehaut-Garantie.

Ein spannendes Detail für die Gear-Nerds: Sophie spielt sehr gerne Gitarren von Lakewood. Da sie recht kleine Hände hat, sind ihre Instrumente oft Custom-Anfertigungen mit schmalerem Hals, damit sie ihre wahnwitzigen Griffe überhaupt greifen kann. Ziemlich cool, wie sie das Instrument an sich anpasst, statt an der Anatomie zu verzweifeln, oder?
3. Deep Talk statt Smalltalk: Die Theorie hinter den Songs
Ihr aktuelles Album heißt nicht umsonst Attachment Theory (Bindungstheorie). Sophie verarbeitet darin keine trockenen Lehrbücher, sondern nutzt das psychologische Modell, um zu verstehen, wie wir ticken . Es geht um Bindungsmuster, Verlustangst, Ghosting und das ganze Beziehungs-Chaos . Das ist quasi Popmusik mit therapeutischer Wirkung . Sie selbst sagt, das Album thematisiert „seltsame, zerbrochene und schlechte Beziehungen“ . Gestern Abend hat man gespürt: Da singt jemand, der nicht nur an der Oberfläche kratzt.
Fazit
Der Abend in der Turbine hat gezeigt: Sophie Chassée braucht keine Pyro-Show und keine riesige Band, um einen Raum zu füllen. Ihre Präsenz und ihre unfassbaren Skills an der Gitarre reichen völlig aus.
Checkt ihr Album Attachment Theory aus und wenn sie wieder in der Nähe ist: Hingehen!
Impressionen vom Abend















Besten Dank an die Turbinen-Crew & Sophie für den wundervollen Abend! <3


