Ahaus, Samstagmittag. Die Zelte sind noch warm, die Luft steht schon wieder über der Wiese, und wer nicht im Schatten sitzt, sucht ihn. Der Freitag beim Sperenzken Open Air war ein Hitzestart mit Haltung – musikalisch, atmosphärisch, menschlich. 30 Grad und kein bisschen leise: Der erste Festivaltag hat eindrucksvoll gezeigt, wie sich politischer Anspruch, musikalische Vielfalt und Sommerleichtigkeit auf einer Liegewiese vereinen lassen.
Und während das Thermometer heute weiter klettert, die ersten wieder am Beckenrand sitzen oder sich im Awareness-Bereich mit Sonnencreme versorgen lassen, beginnt langsam der nächste Tag. Heute geht’s ab 17 Uhr weiter. Doch der Freitag bleibt im Ohr und in den Knochen.
Color Kid – Auftakt mit Haltung und Herz
18:15 Uhr. Die ersten Sonnenstrahlen knallen noch warm über die Wiese, als Color Kid die Bühne betreten – und direkt klarmachen, dass ein Opening-Slot nicht automatisch „Aufwärmphase“ bedeutet. Ihr Melodic Punk zwischen Humor und Haltung trifft den Nerv der frühen Stunde. Es wird gelacht, getanzt, zugehört.

Das Set pendelt mühelos zwischen Leichtigkeit und Ernst. Bei „Sell your soul“ ist die Bewegung sofort da, „Kaka“ bringt die Menge zum Grinsen – und bei „Tradwife“ wird es kurz still. Der Song hinterfragt traditionelle Rollenbilder mit genau der Mischung aus Empathie und Klartext, die diesen Auftritt trägt. Nichts wirkt aufgesetzt, nichts flach. Color Kid liefern einen Auftakt, der in Erinnerung bleibt – weil er nicht nur unterhält, sondern auch Gesprächsstoff liefert.
Try Angel – Metalcore ohne Kompromisse
19:00 Uhr. Die Sonne steht tief, die Luft flimmert, der Staub tanzt – und Try Angel legen los. Metalcore aus Stadtlohn, keine Schnörkel, keine Umwege. Ein Brett. Songs wie „Misery“ und „Dead soon“ brechen sich Bahn, der Sound ist präzise, laut, wuchtig. Die Band braucht keine Showeffekte – sie bringt Präsenz.

Man merkt: Diese Band meint es ernst. Keine Attitüde, keine kalkulierte Härte, sondern Überzeugung. Im Awareness-Bereich gibt’s währenddessen Wasser und Sonnencreme – auch das ist Sperenzken. Wer will, schreit mit. Wer nicht, hört zu. Alles hat Platz.
Friends Don’t Lie – Pop-Punk mit Anlauf und Abriss
20:00 Uhr. Die Sonne ist im Sinkflug, aber die Stimmung steigt weiter. Friends Don’t Lie betreten die Bühne, und alles, was sich aufgestaut hat, entlädt sich in einem kollektiven Pop-Punk-Ausbruch. Diese Band ist gekommen, um zu bleiben – und Ahaus weiß das.

„3 Tage“, „Für dich selbst“, „Gedankenspiel“ – jeder Song ein Treffer, jeder Refrain ein kollektiver Ausbruch. Was diese Band besonders macht: ihre Ernsthaftigkeit, verpackt in Euphorie. Zwischen den Zeilen steckt viel Unsicherheit, viel Gefühl, viel Beobachtung. Aber die Verpackung schreit nach Mitsingen. Auch gestern wurde bei „Halt dein Maul“ nicht geschrien – sondern befreit gebrüllt. Dieser Auftritt: ein emotionales Fest.
Butterwegge – Wenn Haltung tanzbar wird
21:30 Uhr. Die Sonne ist weg, aber die Hitze bleibt. Butterwegge aus dem Ruhrpott bringen Ska-Punk und Klartext. Ihre Songs pendeln zwischen politischer Schärfe und hemmungsloser Feierlust – und genau das funktioniert.

„Wurzel allen Übels“, „Kein Bock“, „1933 Grad“ – scharf wie ein Kommentar, aber nie verkopft. Dazwischen: Bier, Pommes, Bläser und Bassläufe, die die Beine in Bewegung halten. Butterwegge schaffen das seltene Kunststück, ernst zu bleiben, ohne die Leichtigkeit zu verlieren. Das Publikum tanzt, nickt, lacht. Und denkt.
Rogers – Laut, klar, kompromisslos
23:15 Uhr. Letzter Slot, letzter Kraftakt. Rogers treten auf, als gäbe es kein Morgen – und genau so fühlt es sich an. „Hallo Chef“, „Vergiss nie“, „5 Sterne – gerne wieder“: Kein Song ist Füllmaterial, jeder Track hat Richtung.
Was sie liefern, ist mehr als Punkrock – es ist Haltung mit Soundtrack. Rogers spielen nicht gegen das Publikum, sondern mit ihm. Und das Publikum gibt alles zurück: Im Moshpit fliegen nicht nur Körper, sondern auch Zeichen. Fahnen werden geschwenkt – von Rogers-Logos bis zu FCK AFD-Bannern. Es ist keine leere Geste, sondern sichtbares Statement. Wer hier feiert, zeigt auch Haltung.

Die Zugaben setzen noch eins drauf: „Einen Scheiß muss ich“ und „Einen letzten Abend“ lassen die Wiese beben. Und ganz zum Schluss: Stille. Dann Applaus. Dann Feierabend.
Impressionen vom Sperenzken Freitag






























































































Samstag, 14. Juni – Sperenzken, Tag 2
Heute ist Samstag. Der zweite Festivaltag steht in den Startlöchern, das Wetter bleibt gnadenlos sonnig. Wer gestern durchgeschwitzt auf der Wiese stand, weiß, was heute wichtig ist: Wasser trinken, Schatten suchen, Sonnencreme benutzen. Und sich zwischendurch einfach mal ins Schwimmbecken stürzen – das gehört zum Sperenzken genauso wie Gitarrenriffs und Bühnenlicht.
Der Auftakt gestern war mehr als gelungen. Und heute? Wird’s mindestens genauso spannend. Wir sehen uns ab 17 Uhr. Auf der Wiese. Am Becken. Am Rand der Boxen. Sperenzken lebt. #staytuned