Live-Jazzband spielt vor Publikum auf Bühne Live-Jazzband spielt vor Publikum auf Bühne

Jazz in den Mai: Lehmanns Brothers & Dirty Loops lassen die Bürgerhalle tanzen

Von Hannover bis Nürnberg, von Funk bis Wahnsinn: Die Bürgerhalle wird zur Tanzfläche – und zum Treffpunkt einer Crowd, die genau weiß, warum sie hier ist.

Ankommen, Abheben, Ausrasten – Tag 2 des Jazzfests bringt Bewegung

Schon bei der Ankunft war klar: Das hier wird kein Abend zum still dasitzenden Fußwippen. Die Bürgerhalle Gronau füllte sich früh – und mit Menschen, die nicht zufällig da waren. In der ersten Reihe plauderten sich Fans aus Hannover, Bochum und Nürnberg warm, die extra für diesen Abend angereist waren. Man tauschte Tipps über Tourtermine, Lieblingssoli und die beste Stelle im Raum fürs Mitsingen. Kurzum: Das war nicht einfach Publikum – das war Szene.

Menschenmenge bei einer Veranstaltung, Rückenansicht
37. Jazzfest in der Bürgerhalle Gronau

Die Erwartungen? Hoch. Die Stimmung? Aufgeladen. Die Antwort der Bands? Zwei Sets, die auf völlig unterschiedliche Art und Weise ablieferten – und doch beide dasselbe Ziel trafen: komplette musikalische Ekstase.

Lehmanns Brothers – Funk mit französischem Pass und globaler Seele

Eröffnet wurde der Abend von den Lehmanns Brothers, einer jungen Band aus dem französischen Angoulême, deren Name mehr nach Wall Street klingt, aber musikalisch näher bei Prince, James Brown und J Dilla liegt. Wer sie kennt, weiß: Diese Jungs sind keine Revival-Band. Sie nehmen sich den Sound der 70er, jagen ihn durch House-, Hip-Hop- und Nu-Soul-Filter – und liefern damit etwas ab, das direkt ins Rückgrat geht.

Band auf Jazzfest-Bühne mit Publikum
Lehmanns Brothers beim 37. Jazzfest in Gronau

Vom ersten Takt an war klar: Stillstehen war keine Option. Bass, Drums, Bläser und eine Stimme, die sich wie ein funky Gummiband durch die Halle schlängelte – alles war auf Bewegung ausgelegt. Und die kam auch: Die Crowd verwandelte sich zusehends in ein großes, wogendes Ganzes. Arme oben, Füße unten, Groove überall.

Dass die Band schon mit Größen wie Macéo ParkerFred Wesley und sogar dem Wu-Tang Clan die Bühne geteilt hat? Spürte man. Nicht im Sinne von Routine, sondern im Selbstverständnis, dass der Groove mehr ist als nur Musik – er ist Haltung.

Dirty Loops – wenn Skill überkocht

Und dann: Dirty Loops. Drei Schweden, ein Setup, das aussieht wie bei einer Rockband – aber klingt wie Future Pop auf Jazz-Steroiden. Seit ihren ersten YouTube-Erfolgen mit abgefahrenen Coverversionen (ja, Just Dance von Lady Gaga war wirklich dabei) sind sie bekannt dafür, dass sie Popmusik mit maximaler Energie, absoluter Kontrolle und totaler Spiellust sprengen.

Konzert: Bassist auf der Bühne, Publikum schaut zu.
Dirty Loops beim 37. Jazzfest in Gronau

Jonah Nilssons Stimme? Irgendwo zwischen Gospel, Funk und virtuos gejodeltem Wahnsinn. Henrik Lindes Gitarre? Mal Fusion-Raserei, mal flächiger Pop. Und Aron Mellergård am Schlagzeug? Eine Maschine mit Seele.

Dirty Loops liefern keinen “Hit nach Hit”-Abend. Sie zelebrieren das Ausprobieren, das Umdrehen von Strukturen, das Überschreiten von Erwartungen. Und genau das war es auch, was das Publikum so elektrisierte: Die Musik war wild, präzise, übertrieben – und genau dadurch total befreiend.

Licht, Schweiß, Ekstase – die Bürgerhalle als Club mit Jazzlizenz

Ab der zweiten Hälfte war die Bürgerhalle keine Konzerthalle mehr. Sie war ein Dancefloor, eine Klangkammer für den perfekten Tanz in den Mai. Das Lichtspiel – diesmal bunter, schneller, impulsiver als noch am Vortag – unterstützte die Dynamik der Acts. Wo gestern noch Raum für Stille war, herrschten heute Tempo und Intensität.

Aber auch hier: Das Publikum war voll da. Offen, bewegt, textsicher, mitgehend. Man hörte mit dem Körper – und das nicht nur in den vorderen Reihen. Selbst hinten wurde getanzt.

Zwei Kontraste, ein Gefühl

So unterschiedlich Lehmanns Brothers und Dirty Loops auch sind – sie eint das, was diesen Abend ausmachte: Spielfreude, Risiko, und eine glasklare Liebe zur Bühne. Beides keine Bands zum Durchhören beim Kochen – sondern solche, die man fühlen muss, live, direkt, ungefiltert.

Impressionen vom Abend

Stay tuned – ich bleibe dran, Kamera im Anschlag und Ohr im Takt

Das war Tag 2 – mit Funk im Bauch und Fusion im Kopf. Wer jetzt noch still sitzt, ist selber schuld. Morgen geht’s weiter – und ich bleibe natürlich für euch am Puls. Das erwartet uns heute:

Sonne, Swing und Sommergefühl: Greyhound’s Washboard Band im Parkfreibad

Was gibt’s Besseres als Jazz im Wasser? Heute um 15 Uhr wird das Parkfreibad Gronau zur Open-Air-Bühne – mit der Greyhound’s Washboard Band, die garantiert nicht auf leisen Sohlen kommt. Mit Banjo, Waschbrett, Tuba und ordentlich Dixie-Charme bringen sie den Sound der 1920er ins Jetzt – und das bei freiem Eintritt. Also: Handtuch einpacken, Sonnenbrille aufsetzen, kalte Limo holen – und einfach treiben lassen.
Ort: Parkfreibad Gronau, Brändströmstraße 25
Eintritt: Kostenlos – Musik zum Mitschnippen, ganz ohne Ticketstress.

Abends in der Bürgerhalle: Torsten Goods, Viktoria Tolstoy & Dominic Miller

Ab 19 Uhr wird’s in der Bürgerhalle Gronau wieder ernst – im besten Sinne. Der Gitarrist und Sänger Torsten Goods, einer der vielseitigsten deutschen Jazzmusiker der jüngeren Generation, bringt nicht nur seine Band, sondern auch die schwedische Sängerin Viktoria Tolstoy mit. Jazz trifft Songwriting, Charme trifft Tiefgang. Los geht’s um 20:00 Uhr.

Ab 21:45 übernimmt dann Dominic Miller, der Mann an der Gitarre – bekannt vor allem als langjähriger musikalischer Wegbegleiter von Sting, aber auch solo eine Wucht. Wer Lust hat auf filigrane Klanglandschaften, in denen sich Pop, Jazz und klassische Elemente vermischen, ist hier genau richtig.

Kurz gesagt: Nachmittag mit Barfuß-Dixie, Abend mit großen Gefühlen. Ich bin natürlich bei beiden Konzerten dabei – stay tuned, der Bericht folgt!

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