Live-Auftritt auf einer Bühne mit Publikum Live-Auftritt auf einer Bühne mit Publikum

Wolken, Wellen, Wiedersehen: Der Sperenzken-Samstag vibriert

Zwischen Wolken und Wahnsinn: Der zweite Tag im Liegewiesenparadies

Ahaus, Sonntagmorgen. Die Wiese dampft. Nicht nur wegen der gestrigen Temperaturen, sondern auch, weil am Samstagabend einfach alles zusammenkam: große Musik, dichte Wolken, ein fast durchgezogenes Unwetter, das dann doch keins wurde – und ein Publikum, das sich weder von grauem Himmel noch vom Zeitplan aus der Ruhe bringen ließ. Sperenzken Samstag war nicht nur ein weiterer Festivaltag. Es war ein weiterer Beweis dafür, dass dieses kleine, große Open Air zwischen Freibad und Bühne seine ganz eigene Magie hat.

Dabei sah es zu Beginn kurz so aus, als würde der Himmel den Ton angeben. Gewitterwarnung, Winddrehung, Funkgeräte hinter der Bühne – die Helfer:innen bereiteten sich vorsorglich auf eine mögliche Evakuierung vor. Doch der Wettergott hatte offenbar selbst ein Ticket und ließ Gnade vor Blitz entscheiden. Abgesehen von ein paar Tropfen und viel Drama am Himmel blieb alles friedlich. Auf der Bühne hingegen: Sturm.

LYON – ESC-Fieber im Juni

Pünktlich um 17:00 Uhr betrat LYON die Bühne – und brachte eine Menge Gefühl mit. Und Glanz. Und Schweiß. Trotz schwüler Hitze lieferte der junge Künstler ein mitreißendes Set voller Energie, Pop-Melodien und diesem typischen „Ich-will-da-rauf“-ESC-Flair. Wer ihn gestern live gesehen hat, zweifelt nicht daran: Dieser Typ will zum Song Contest – und er hat das Zeug dazu.

Bühnenperformance mit Sänger und zwei Tänzerinnen.
Lyon mit Tänzerinnen Lea & Emma beim Sperenzken Open Air 2025

Begleitet wurde LYON von Lea & Emma, zwei Tänzerinnen, die mit voller Körperlichkeit, Herz und Bewegung dabei waren. Sie gaben dem Auftritt nicht nur visuelle Kraft, sondern spürten die Musik und gaben sie weiter – mit jeder Geste, jedem Schritt. Gemeinsam entstand ein Set, das auf der Bühne vibrierte und über die Crowd hinwegfloss wie eine Sommerbrise mit Glitzerstaub.

Songs wie „FUEGO“ und „FEEL THE LOVE“ trafen den Nerv des Nachmittags, „SEARCHLIGHT“ (geschrieben für seine ESC-Bewerbung) ließ kurz die Luft flirren. Was LYON auszeichnet: ein starker Gesang, emotionale Texte, große Geste – und dabei kein Gramm Arroganz. Wer in der Sonne stand, hat geschwitzt. Wer unter’m Schirm saß, hat trotzdem mitgewippt. LYON? Hat abgeholt.

ELNA – Lokale Liebe, große Lieder

Direkt danach: Heimspiel. ELNA, seit zehn Jahren fester Bestandteil der Ahauser Musikszene, brachten Gefühl, Gitarren und Gemeinschaft auf die Bühne. Ihre deutschsprachigen Songs kreisen um Freundschaft, Zweifel, Liebe – und klingen live noch kraftvoller als auf Platte. Als bei „Sonne“ tatsächlich die Wolkendecke kurz aufriss, war das fast zu kitschig, um wahr zu sein. Aber: Es war echt.

Band auf der Bühne mit Sängerin im Vordergrund
ELNA beim Sperenzken Open Air 2025

Besonders auffällig: die Harmonie innerhalb der Band, sowohl musikalisch als auch im Umgang miteinander. Zwischen „Sag niemals nie“, dem neuen Song „Allstar“ und „Du selbst“ entstand das, was Festivals ausmacht – Nähe durch Musik. Das Publikum? Hörte zu. Und sang mit. Und klatschte, als wäre es ein Sonntagabend-Konzert mit Feuerzeuglicht. ELNA hat geliefert – in der Kategorie: ehrlich, nah, relevant.

Soeckers – Indie, Pogo, Heimatgefühl

19:30 Uhr. Zeit für Soeckers. Die Indie-Band, die inzwischen mit über 200 Festival- und Clubshows durch ganz Deutschland gereist ist, ist ursprünglich ein echtes Ahauser Kind – groß geworden in der Musikerinitiative Ahaus (MIA), mit der das Sperenzken bis heute verbunden ist. Für die Band war es also nicht nur ein Festivalauftritt – es war ein Nachhausekommen.

Und das spürte man. Zwischen „Nie wieder“, „Bahnhofsgrau“ und „Kopfkarussell“ war die Energie hoch, die Freude greifbar – auf wie vor der Bühne. Als „Wessumer Platz“ angestimmt wurde, war es vorbei mit Zurückhaltung. Die inoffizielle Hymne des SV Union Wessum wurde kollektiv geschunkelt – Arm in Arm, mit Pappbechern in der Hand und Glanz in den Augen.

Band spielt Live-Konzert auf Bühne vor Publikum
Soeckers live beim Sperenzken Open Air 2025

Mit ihrer neuen Platte BIS NACH TOKIO und einem bestens abgestimmten Best-of spielten sich Soeckers in die Herzen – und am Ende, bei „Schlaf bei mir“, wurde nochmal alles rausgelassen: Stimmen, Schritte, Emotionen. Die Mundharmonika setzte ein – und Ahaus war kurz ein einziger Club im Mondlicht.

Akustik-Perle aus dem Off: Out with Lanterns

In der Umbaupause passierte dann etwas Unerwartetes. Ohne große Ankündigung, fast schon heimlich, begann ein Duo in der Kids-Area ein Akustik-Set. Out with Lanterns – oder kurz: OwL – spielten Songs, die zunächst im Trubel untergingen. Doch dann wehte „Creep“ über die Wiese, leise, eindringlich, klar. Und plötzlich drehte sich das Publikum. Ging. Hörte. Fand sie.

Zwei Musiker spielen Gitarren auf der Bühne.
Out with Lanterns beim Sperenzken Open Air 2025

„Wicked Game“ ließ die Menge verstummen, „Sticky Fingers“ – ein eigener Song – zeigte, dass das hier nicht bloß Coverkunst war. Es war Musik, die leise kam, aber eindrücklich blieb. Ein kleiner, großer Moment inmitten des Festivalgetöses. Und ein Beweis dafür, dass manchmal das Ungeplante am tiefsten trifft.

ok.danke.tschüss – Ein Ritt durch Regenbogen und Radau

21:15 Uhr. Die Sportoutfits glitzern, das Licht flackert, das Publikum schreit. ok.danke.tschüss betreten die Bühne – und verwandeln das Sperenzken in eine Mischung aus Turnhalle, Clubnacht und Antidiskriminierungsdemo. Songs wie „Vincent van Gogh“, „Das neue Normal“ oder „Soldat“ liefern keine leichten Antworten, aber viele klare Ansagen.

Ok.Danke.Tschüss – Sperenzken Open Air 2025

Das Publikum springt, schreit, singt. Es ist bunt. Es ist laut. Es ist politisch. „Leukämie du Bitch“ wird mit maximaler Energie performt, „Muschigeburt“ gegen jeden Schamansatz ins Mikro gebrüllt. In der Zugabe dann „Zu laut in der Disko“ – ein Song wie das Festival selbst: wild, liebevoll, durchgeschwitzt.

LE FLY – Geburtstagsknall mit Ansage

23:15 Uhr. Es ist dunkel. Und voll. Und dann: LE FLY. Die Hamburger Crossover-Band bringt nicht nur ein neues Set, sondern auch zwanzig Jahre Bühnenerfahrung mit. Und das merkt man. Vom ersten Ton an ist klar: Diese Band will spielen. Nicht abspulen, nicht inszenieren – einfach loslegen.

„St. Pauli Tanzmusik“, „L’amour“, „Sonne aus’m Arsch“ – jede Nummer ein Abriss. Die Mischung aus Rap, Rock, Reggae und Ska zündet in Sekundenschnelle. Kein Genre-Gewackel, sondern ein einziger Klangkörper, der drückt, trägt, zerrt und umarmt. Das Publikum? Tanzt. Alles. Und alle.

Band auf Bühne mit Publikum im Vordergrund.
LE FLY beim Sperenzken Open Air 2025

Zwischen zwei Songs machen LE FLY es offiziell: 20 Jahre LE FLY – Tour im Herbst. Und sie kündigen nicht nur an – sie liefern. Wer sie gestern gesehen hat, weiß: Diese Band lebt für die Bühne. Seit 2005. Seit WG-Partys und frühen Clubshows im Hamburger Molotow. Und 2025? Immer noch eine der besten Livebands im Land.
Am 29. November kommen sie übrigens in die Sputnikhalle nach Münster – gar nicht weit von hier. Und wer weiß,
…vielleicht lassen sie mich ja auch mit meiner Kamera rein.
Klingt nach einem guten Plan, oder? 🙂

01:00 Uhr – Schlussakkord mit Schweißfilm

Als es gegen ein Uhr langsam leiser wurde, rannte niemand weg. Viele blieben noch kurz stehen, atmeten durch, hingen ihren Gedanken nach. Ein paar nickten sich wortlos zu, andere zogen ihr letztes Bier aus dem Beutel. Noch ein Blick zur Bühne, ein kurzes Lächeln zu den Leuten nebenan – und dann ging’s gemütlich Richtung Zeltplatz. Manche barfuß, manche mit Pommes, alle irgendwie zufrieden. Ahaus war platt. Aber glücklich.

Impressionen vom Sperenzken Samstag

Heute: Sonntag – der Sperenzken-Familientag

Das war der Samstag. Heute geht’s weiter – mit dem Familienprogramm. Ein letztes Mal Sperenzken 2025. Ein letztes Mal Bühne, Wiese, Freibad.

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